Andauernder Stress und Überforderung im beruflichen und privaten Umfeld können Körper und Seele aus dem Gleichgewicht bringen. Folgen können psychische und körperliche Beeinträchtigungen sein. Eine ambulante Reha wirkt dieser Entwicklung entgegen, um schlimmere Beeinträchtigungen zu vermeiden. Die ambulante Reha im ZAR begleitet Sie gezielt und unterstützen Sie außerdem bei der Klärung Ihrer beruflichen Situation. Ein Patient berichtet:
Dr. M.: Heute haben wir unser letztes Gespräch, ich würde gern gemeinsam mit Ihnen auf Ihre Reha bei uns zurückblicken…Sie sind wegen Kopfschmerzen, hohen Blutdruckwerten, Konzentrationsstörungen, Schlafstörung und Nervosität zu ihrem Hausarzt gegangen. Nach einigen Gesprächen und Untersuchungen riet der Ihnen zu einer psychosomatischen Rehabilitation. Wie ging es Ihnen damit?
Herr K.: Ich war ganz schön irritiert, vielleicht sogar ein bisschen verärgert…Mir war schon bewusst, dass meine Beschwerden etwas mit meiner Arbeitsstelle zu tun haben, aber was sollte eine Psychotherapie daran schon ändern..?? Ich hatte mir eigentlich irgendein Medikament erhofft oder wenn, dann eine Erholungskur an der See...
Dr. M.: In unserem ersten Gespräch ging es ja dann auch viel um Ihren Arbeitsplatz: Sie haben erzählt, dass Sie über 25 Jahre lang so gut wie nie krank waren und in den letzten 10 Jahren selbständig ein neues Lager im Betrieb aufgebaut und die Arbeitsabläufe dort organisiert haben…
Herr K.: Da war ich ganz schön stolz drauf. Ich war „Identifikationsfigur und Seele des Betriebs“, anerkannt, jeder kam mit seinen Fragen zu mir…
Dr. M.: und dann kam die neue Firmenleitung: Abteilungen wurden zusammengelegt, Ihre nahm man Ihnen weg, auch Ihre Mitarbeiter, Sie bekamen einen neuen Vorgesetzten, der auch noch jünger war als Sie …
Herr K.: …das war wie ein Identitätsverlust, ein Selbstverlust, ich hab alles in Frage gestellt, mir und anderen nichts mehr geglaubt, nächtelang über die Arbeit nachgegrübelt…kam gar nicht mehr runter, konnte mich am Wochenende und auch im Urlaub nicht mehr erholen….
Team: In den weiteren Einzelgesprächen stellte Herr K. dar, wie sehr er sich mit seiner Firma und dem von ihm aufgebauten Lager identifiziert hatte. Kränkung und Wut standen im Vordergrund. Anfangs neigte Herr K. zu langen Monologen, in denen Zwischenfragen kaum Platz fanden. Auch in den Gruppe hielt er die Gruppe zunächst mit wortgewandten Reden „bei Laune“, war durchaus beliebt, ließ die Gruppe aber kaum an sich ran.
Herr K: Ich hatte große Sorge, mich in der Gruppe zu blamieren oder nicht gemocht zu werden, hatte doch das Gefühl, gar nicht dazu zu gehören, gar nicht depressiv zu sein…Am sichersten fühlte ich mich, wenn alle mir zuhören.
Team: Auch in der Ergotherapie übernahm er bei der Gestaltung eines gemeinsamen Projektes sehr humorvoll und einfallsreich die Führung, was von den anderen Gruppenteilnehmern sehr bewundert und gelobt wurde. In Einzelgestaltungen wurden aber auch Wut und viel Unsicherheit erkennbar…
Herr K.: In der Ergo hat mir das Thema „Innerer Vulkan“ unglaublich gut getan, ich hab mir Luft genmacht. Manchmal war aber auch einfach die Luft raus, mir fiel einfach nichts ein, das fühlte sich dann gar nicht gut an…
Dr. M.: In unseren Einzelgesprächen hat sich ja dann viel geändert, Sie wurden ruhiger, ich kam manchmal zu Wort… (Herr K. lacht), oft waren Sie auch traurig und nachdenklich…
Team: In der Sportgruppe konnte Herr K. jetzt viel mehr eintauchen, nicht sofort „Gruppenleiter“ spielen. In den Einzelgesprächen wurde herausgearbeitet, dass er von seiner Jugend an diese Gruppenleiterrolle gesucht hatte, die dahinterliegende Unsicherheit wurde ihm erkennbar. Daneben ging es kränkbare Persönlichkeitsanteile, die ihn besonders verletzlich für die Veränderungen am Arbeitsplatz machten.
Herr K: Es war ganz ungewohnt, hier auch mal andere Rollen auszuprobieren, mich zurückzunehmen, zuzuhören. Aber es hat Spaß gemacht. Ich hatte das Gefühl, einen Gang zurückschalten zu dürfen und trotzdem gemocht zu werden. Ich war auch völlig baff, dass ich mit so was wie Qigong etwas anfangen kann. Meine Frau und ich überlegen, ob wir uns so einen Kurs suchen…
Team: In der zweiten Hälfte der Reha wurde dann gezielt an den Ressourcen des Patienten gearbeitet: an Fähigkeiten und Interessen, die nichts mit seinem Beruf zu tun hatten, an „vergessenen“ Aktivitäten, an sozialen Kontakten. Der hohe Stellenwert seiner Berufstätigkeit und insbesondere seiner Leitungsfunktion wurde vorsichtig hinterfragt…
Herr K.: Ich war ganz überrascht, dass es dann auf einmal gar nicht mehr so um den Beruf ging, ständig entstanden neue Themen und Ideen, wobei mir neben den Therapeuten auch meine Mitpatienten sehr geholfen haben!
Dr. M.: Können Sie für sich selbst ein Fazit aus dieser Reha ziehen?
Herr K.: Mir geht es deutlich besser als vor einigen Wochen! Ich denke kaum noch an die Arbeit, bin aber gleichzeitig sicher, für die letzten sieben Jahre dorthin zurückzukehren, dies wurde mir auch in einer ausführlichen Sozialberatung so empfohlen. Ich werde aber noch einiges nach meinen Wünschen organisieren.
Ich kann jetzt besser sortieren: was ist wichtig ausserhalb des Berufes, wo kann ich „entschleunigen“, etwas für mich tun… Ich hab meine Sportlichkeit wiederentdeckt, aber auch völlig neu die Freude an langsamen Bewegungen. Ich bin sehr gespannt, was davon ich auch weiterhin umsetzen kann…